1. Von der Marktwirtschaft zur Marktgesellschaft:
- Der Prozess zunehmender Individualisierung in westl. Gesellschaften wird von Betroffenen ambivalent (gegensätzlich) erlebt
- Durch den Anstieg von Konsummöglichkeiten, Mobilität u. Flexibilität (sozial u. geografisch), sowie einer „Bildungsexpansion“ entstehen neben Entscheidungsfreiheiten auch Entscheidungszwänge. Diese müssen von Menschen individuell bewältigt werden.
- Mit der Ambivalenz im Individualisierungsprozess können nicht alle Jugendlichen umgehen
- Die gegenwärtige Individualisierung bedingt eine paradoxe Lebenssituation: Einerseits ist ein Zuwachs an Individualisierungschancen bemerkbar, andererseits müssen Menschen erleben, dass sie im Arbeitsleben ersetzbar sind / müssen Anforderungen erfüllen, auf welche sie keinen Einfluss haben
- H. weist auf einen prinzipiellen Unterschied zwischen Ungleichheit und Ungleichwertigkeit hin
- Ungleichheit zeigt sich in materiell unterschiedl. Lebensbedingungen u. ist Folge gesellschaftlich struktureller Entwicklungen. Diese begünstigen Möglichkeiten des Auf- u. des Abstiegs, welche zur Ausbildung unterschiedl. sozialer Schichten führt.
- Solange sie sich mit anerkennenden gesellschaftl. Gerechtigkeitskriterien vereinbaren lässt, besteht kaum Gefahr, dass aus ihr Ausgrenzungs-/ Gewaltorientierungen entstehe
- Nach H. besteht die Gefahr, dass zur Rechtfertigung sozialer Ungleichheit eine Ideologie der „Ungleichwertigkeit“ von Menschen vertreten werden kann
- Behauptung: Ungleichheit unter Menschen sei „natürlich“
- Dadurch entsteht ein Prozess, in welchem Marktwirtschaft zunehmend in Marktgesellschaft überführt wird
- Folge: Menschen werden nach Marktkriterien beurteilt, d.h. ihr Wert wird nach ihrer sozialen Lage, ihrem Bildungsabschluss, ihrem beruflichem Abschluss eingeschätzt → führt zu Angst vor Abstieg u. Statusverlust in allen Schichten
- H. stellt 3 mögliche gesellschaftliche Reaktionsformen auf:
- Sozialstaatliche Maßnahmen werden zurückgenommen. Damit wird jeder einzelne noch mehr zur Anpassung gezwungen.
- Moral und Erziehung werden erneuert, ohne gesamtgesellschaftliche Veränderungen einzuleiten.
- Politik wird ethnisiert, d.h. Ursachen sozialer Probleme werden über ethnische Zuschreibungen beschrieben.
- Wenn sich gesellschaftl. Reaktionsformen mit problematischen Erfahrungen in Familie u. Freundeskreis verbinden, fühlen sich Betroffene in ihren Lebenssituationen hilflos u. verunsichert
- Betroffene ziehen sich resignativ- passiv zurück / zeigen ausgrenzendes, aggressives u. gewalttätiges Verhalten → Folge problematischer gesamtgesellschaftlicher Entwicklungen
2. Unterschiedliche Erfahrungswelten u. Verarbeitungsmöglichkeiten von Jugendlichen:
- Menschen werden niemals nur durch einseitige Erfahrungen, sondern auch bezüglich bestimmter Lebensmilieus geprägt
- Identitätsprobleme werden provoziert, wenn der gesellschaftl. „Einforderungsdruck“ zu groß wird u. keine „Rückenstärkung“ aus dem sozialen Milieu zu erwarten ist.
3. Erklärungsversuche für menschenfeindliche / gewaltbejahende Einstellungen – Heitmeyers drei Ebenen:
1. Struktur- Kultur- Ebene: Individualisierung, Milieu, Ungleichheit
2. Sozial- interaktive, interpersonale Ebene: Freisetzungen, Auflösungen, Gewissheitsverluste
3. Personelle, intrapsychische Ebene: Identität
- Ungleiche Chancen für Jugendliche für:
- Individuell- funktionale Systemintegration: Arbeitsmarkt, soziale Absicherung
- Kommunikativ- interaktive Sozialintegration: Möglichkeiten u. Fähigkeiten zur politischen Partizipation
- Kulturell- expressive Sozialintegration: Sozial- emotionaler Rückhalt in der Alltagswelt
- Besondere Gefahr für eine positive Gewalteinstellung, wenn 3 unterschiedl. Prozesse miteinander verbunden sind:
- Menschen ohne Arbeitsstelle u. soziale Anerkennung erleben individuell Desintegration
- Menschen mit Integrations- u. Zugangsproblemen zu Arbeit u. Bildung leben in bestimmten Stadtteilen unter sich verdichten
- Menschen mit Integrationsproblemen bilden in bestimmten Stadtteilen die Mehrheit u. haben somit kaum Beziehungen zu „integrierten“ Menschen, an denen sie sich orientieren können
4. Entstehung gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit u- Gewaltbereitschaft
Das Desintegrations- Gewalt- Konzept:
- Die eigene „Unterlegenheit“ wird durch die „gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“ in eine empfundene „Überlegenheit“ transformiert
- Somit wenden sich Menschen gegen Menschen- /gruppen, die sie für minderwertiger erklären können, als sie sich selbst empfinden
- Sie zeigen mangelnde Anerkennung, Missachtung, Verachtung, Diskriminierung, Gewalt → Damit können sie ihre eigene Minderwertigkeit ertragen
- „Gewaltaffine Einstellungen“:
- Machiavellismus: Bestrebung, sich rücksichtslos durchzusetzen
- Autoritarismus: Kritikloses Anerkennen von „Mächtigen“
- „Law and Order“- Einstellung: Dogmatisches Verteidigen einer Ordnung / Regeln
- Da Jugendliche eher impulsiv handeln, ohne Folgen zu reflektieren, sind sie eher gewalttätig als Erwachsene. Jugendgewalt nimmt zu, wenn Jugendliche Gewalt als legitimes Mittel zur Selbstdurchsetzung verwenden.
- 5 mögliche Legitimationen für Gewalt: Gewalt als…
- Gegengewalt (Täter erklärt sich selbst zum „Opfer“)
- „Ultima Ratio“ (letztmöglicher Weg)
- Ordnungsfaktor (rechtfertigt staatliche Gewalt)
- normales Handlungsmuster (gewalttätiges Handeln als „normal“)
- Klärung u. Vollstreckung („Alternative“ für „Nur- Reden)
5. „Positives“ Erleben im Umgang mit Gewalt:
- Gewalt verschafft Eindeutigkeit, womit die Ambivalenz „bearbeitbar“ erscheint
- Gewalt als Demonstration der Überwindung der eigenen Ohnmacht
- Gewalt garantiert Fremdwahrnehmung, wodurch Selbstwertsamkeit erfahren wird
- Gewalt ermöglicht in Gruppen das Erleben von Solidarität
- Gewalt verschafft körperlich, sinnliche Erfahrungen u. überwindet die Unterlegenheit
6. Vier Varianten von Gewalt:
- Expressive Gewalt: Jugendliche gewinnen durch Tabubrüche Aufmerksamkeit u. können ihre „Einzigartigkeit“ unterstreichen
- Instrumentelle Gewalt: Mittel zur (angestrebten) Problemlösung
- Regressive Gewalt: An nationale u. ethnische Kategorien ausgerichtet und um eigene berufliche, soziale, politische Desintegrationsprozesse aufzuheben
- Autoaggressive Gewalt: Wenn andere Auswege sich nicht eröffnen
Fazit:
- Gewalt wird in bestimmten sozialen Milieus auf Basis bestimmter Lebenserfahrungen attraktiv
-vermittelt Gefühl der eigenen Wertigkeit
-verschafft in bestimmten sozialen Kontexten Anerkennung
von Caroline Almoneit
SuperSeite!! Vielen Dank hat mir sehr weitergeholfen :)
AntwortenLöschenecht eine super Zusammenfassung! danke :)
AntwortenLöschenDanke für die Hilfe !!!
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