Samstag, 3. Mai 2014

Ältere Gewalttheorien - Freud, Dollard, Lorenz, Bandura, Kornadt und Scott

Sigmund Freud

1. Theorie

  • das Objekt ist die Quelle von Unlustempfinden
    • Abstoßung des Objekts, Hass → Aggressionsneigung, das Objekt zu vernichten

2. Theorie (1920)

  • Bestreben der Seele, die Anzahl von Erregungen (Triebe) möglichst niedrig/ konstant zu halten → (Lust=) treiben zu eigener Beseitigung
  •  Triebe versuchen einen früheren Zustand, vor der Erregungsspannung wiederherzustellen
  • Lebloses war vor dem Leben da
  • Todestrieb (Trieb zum Zustand der Leblosigkeit)→ Aggression: von der eigenen Person auf andere Objekte (aggressiv durch eigenen Nutz und Triebe) 
  • Trieb um Fortpflanzung zu sichern (Sexual-, Lebenstriebe)


John Dollard

Frustrations- Aggressions- Theorie (F-A-Theorie)

  • Aggression ist immer die Folge von Frustration
  • Aggression: Verhalten mit dem Ziel einen anderen Organismus zu verletzen
  • Frustration: Zustand, der bei einer Interferenz (Überschreitung) der Zielreaktion eintritt
  • je größer die Frustration, desto stärker die Aggressionstendenz
  • die Größe der Frustration ist abhängig von:
    • Wichtigkeit der Sache für einen selbst
    • Stärke der Verhinderung
    • Anzahl der Verhinderung
  • werden Kinder häufig frustriert, neigen sie zu aggressiven Verhalten
  • wenn Menschen auf eine Frustration sofort mit offener Aggression reagieren, haben sie nicht gelernt, dass sich belohnende Alternativreaktion ergeben

Kritik:

  • Berkowitz: Frustration führt nicht immer zur Aggression und aggressives Verhalten ist nicht immer die Folge von einer Frustration
  • Scott: stark übertrieben, manchmal folgt auf Frustration eine Aggression, manchmal nicht


Konrad Lorenz

Verhaltensbiologische Aggressionstheorie 

Drei Punkte zur Aggression aus biologischer Sicht:

  1. biologisches sinnvolles Phänomen:
    • Aggressionen haben einen Zweck: Lebensraumverteilung, Schutz
  2.  Tötungshemmungen:
    • Mildern Aggressionsfolgen ab
    • natürliche Hemmungen bei körperlichen Kampf und natürlicher Bewaffung, nicht bei Waffennutzung --> hält nicht mit kultureller Entwicklung Schritt
  3. Aggressionstrieb:
    • Aggression ist ein Trieb (primär arterhaltender Instinkt) --> Spontanität des Instinktes macht Trieb gefährlich
    •  Reaktionsgründe könnten vermieden werden
    • nach langen Lehrlauf ist der Aggressionstrieb höher

Kritik:

  • Sipes: Aggressionstrieb durch Sport loswerden  → Untersuchung von Sipes: viel Sport = viel Krieg
  • Tinbergen: Aggressionen können von einer Vielzahl von Faktoren ausgelöst werden → Lorenz führt Aggression nur auf innere Faktoren zurück
  • Montagu: kaum angeborene Triebe oder Instinkte


Albert Bandura

Lerntheoretischer Ansatz

  • Aggression hat Ursprung in der Gesellschaft
  • Aggression wird gelernt
  • durch eigene Erfahrung (reguliert durch Belohnung/ Bestrafung)
  • durch Nachahmung (Modelllernen)
  • Erwerb von aggressiven Verhaltensmustern lässt sich durch soziales Lernen verhindern (Aggressionen dürfen sich nicht lohnen)

Kritik

  • Hacker: biologische uns gesellschaftliche Faktoren müssen beachtet werden


Hans- Joachim Kornadt

  • Aggression hat eine biologische Basis
  • Aggression, wenn das Aggressionsmotiv stark ist und das Hemmungsmotiv schwach ist
  • das Aggressionsmotiv ist neben der biologischen und genetischen Basis auch von der Kultur beeinflusst


John Paul Scott

Er geht von fünf unterschiedlichen Ebenen aus (unterteilt in Individuum und Umwelt)
Individuum:

  1. Gene: genetische Ausstattung
  2. physiologische Ebene: Hormone
Umwelt:
  1. organismische Ebene: psychische Zustände (Motive)
  2. soziale Ebene: Zerfall sozialer Strukturen führt zu vermehrten Aggressionen
  3. ökologische Ebene: Umstände können zu einer verhängnisvollen Zunahme der Aggressionen führen (bsp.: Nahrungsknappheit)


Die historische Ebene, Ontogenese (Entwicklung aggressiven Verhaltens)  und Phylogenese (evolutionäre Entwicklung, Zweck und Funktion der Aggression) müssen ebenfalls betrachtet werden)
→ keine Theorie, sondern Wegweiser



von Bianca Jaske

Wilhelm Heitmeyer - Soziologischer Erklärungsansatz

Heitmeyer untersucht, welche Jugendlichen unter welchen sozialen bzw. gesellschaftlichen Lebensbedingungen Gewaltorientierungen ausbilden

1. Von der Marktwirtschaft zur Marktgesellschaft:
  • Der Prozess zunehmender Individualisierung in westl. Gesellschaften wird von Betroffenen ambivalent (gegensätzlich) erlebt
  • Durch den Anstieg von Konsummöglichkeiten, Mobilität u. Flexibilität (sozial u. geografisch), sowie einer „Bildungsexpansion“ entstehen neben Entscheidungsfreiheiten auch Entscheidungszwänge. Diese müssen von Menschen individuell bewältigt werden. 
  • Mit der Ambivalenz im Individualisierungsprozess können nicht alle Jugendlichen umgehen
  • Die gegenwärtige Individualisierung bedingt eine paradoxe Lebenssituation: Einerseits ist ein Zuwachs an Individualisierungschancen bemerkbar, andererseits müssen Menschen erleben, dass sie im Arbeitsleben ersetzbar sind / müssen Anforderungen erfüllen, auf welche sie keinen Einfluss haben
  • H. weist auf einen prinzipiellen Unterschied zwischen Ungleichheit und Ungleichwertigkeit hin
    • Ungleichheit zeigt sich in materiell unterschiedl. Lebensbedingungen u. ist Folge gesellschaftlich struktureller Entwicklungen. Diese begünstigen Möglichkeiten des Auf- u. des Abstiegs, welche zur Ausbildung unterschiedl. sozialer Schichten führt.
  • Solange sie sich mit anerkennenden gesellschaftl. Gerechtigkeitskriterien vereinbaren lässt, besteht kaum Gefahr, dass aus ihr Ausgrenzungs-/ Gewaltorientierungen entstehe
    • Nach H. besteht die Gefahr, dass zur Rechtfertigung sozialer Ungleichheit eine Ideologie der „Ungleichwertigkeit“ von Menschen vertreten werden kann
  • Behauptung: Ungleichheit unter Menschen sei „natürlich“
    • Dadurch entsteht ein Prozess, in welchem Marktwirtschaft zunehmend in Marktgesellschaft überführt wird
  • Folge: Menschen werden nach Marktkriterien beurteilt, d.h. ihr Wert wird nach ihrer sozialen Lage, ihrem Bildungsabschluss, ihrem beruflichem Abschluss eingeschätzt → führt zu Angst vor Abstieg u. Statusverlust in allen Schichten
    • H. stellt 3 mögliche gesellschaftliche Reaktionsformen auf:
      • Sozialstaatliche Maßnahmen werden zurückgenommen. Damit wird jeder einzelne noch mehr zur Anpassung gezwungen.
      • Moral und Erziehung werden erneuert, ohne gesamtgesellschaftliche Veränderungen einzuleiten.
      • Politik wird ethnisiert, d.h. Ursachen sozialer Probleme werden über ethnische Zuschreibungen beschrieben.
    • Wenn sich gesellschaftl. Reaktionsformen mit problematischen Erfahrungen in Familie u. Freundeskreis verbinden, fühlen sich Betroffene in ihren Lebenssituationen hilflos u. verunsichert
    • Betroffene ziehen sich resignativ- passiv zurück / zeigen ausgrenzendes, aggressives u. gewalttätiges Verhalten → Folge problematischer gesamtgesellschaftlicher Entwicklungen

2. Unterschiedliche Erfahrungswelten u. Verarbeitungsmöglichkeiten von Jugendlichen:

  • Menschen werden niemals nur durch einseitige Erfahrungen, sondern auch bezüglich bestimmter Lebensmilieus geprägt
  • Identitätsprobleme werden provoziert, wenn der gesellschaftl. „Einforderungsdruck“ zu groß wird u. keine „Rückenstärkung“ aus dem sozialen Milieu zu erwarten ist.

3. Erklärungsversuche für menschenfeindliche / gewaltbejahende Einstellungen – Heitmeyers drei Ebenen:

1.    Struktur- Kultur- Ebene: Individualisierung, Milieu, Ungleichheit
2.    Sozial- interaktive, interpersonale Ebene: Freisetzungen, Auflösungen, Gewissheitsverluste
3.    Personelle, intrapsychische Ebene: Identität


  • Ungleiche Chancen für Jugendliche für:
    •  Individuell- funktionale Systemintegration: Arbeitsmarkt, soziale Absicherung
    • Kommunikativ- interaktive Sozialintegration: Möglichkeiten u. Fähigkeiten zur politischen Partizipation
    • Kulturell- expressive Sozialintegration: Sozial- emotionaler Rückhalt in der Alltagswelt
  • Besondere Gefahr für eine positive Gewalteinstellung, wenn 3 unterschiedl. Prozesse miteinander verbunden sind:
    • Menschen ohne Arbeitsstelle u. soziale Anerkennung erleben individuell Desintegration
    • Menschen mit Integrations- u. Zugangsproblemen zu Arbeit u. Bildung leben in bestimmten Stadtteilen unter sich verdichten
    • Menschen mit Integrationsproblemen bilden in bestimmten Stadtteilen die Mehrheit u. haben somit kaum Beziehungen zu „integrierten“ Menschen, an denen sie sich orientieren können

4. Entstehung gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit u- Gewaltbereitschaft 
Das Desintegrations- Gewalt- Konzept:


  • Die eigene „Unterlegenheit“ wird durch die „gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“ in eine empfundene „Überlegenheit“ transformiert
  •  Somit wenden sich Menschen gegen Menschen- /gruppen, die sie für minderwertiger erklären können, als sie sich selbst empfinden
    • Sie zeigen mangelnde Anerkennung, Missachtung, Verachtung, Diskriminierung, Gewalt → Damit können sie ihre eigene Minderwertigkeit ertragen
  • „Gewaltaffine Einstellungen“:
    • Machiavellismus: Bestrebung, sich rücksichtslos durchzusetzen
    • Autoritarismus: Kritikloses Anerkennen von „Mächtigen“
    • „Law and Order“- Einstellung: Dogmatisches Verteidigen einer Ordnung / Regeln
  • Da Jugendliche eher impulsiv handeln, ohne Folgen zu reflektieren, sind sie eher gewalttätig als Erwachsene. Jugendgewalt nimmt zu, wenn Jugendliche Gewalt als legitimes Mittel zur Selbstdurchsetzung verwenden.
  • 5 mögliche Legitimationen für Gewalt: Gewalt als…
    •  Gegengewalt (Täter erklärt sich selbst zum „Opfer“)
    • „Ultima Ratio“ (letztmöglicher Weg)
    • Ordnungsfaktor (rechtfertigt staatliche Gewalt)
    • normales Handlungsmuster  (gewalttätiges Handeln als „normal“)
    • Klärung u. Vollstreckung („Alternative“ für „Nur- Reden)

5. „Positives“ Erleben im Umgang mit Gewalt:

  • Gewalt verschafft Eindeutigkeit, womit die Ambivalenz „bearbeitbar“ erscheint
  • Gewalt als Demonstration der Überwindung der eigenen Ohnmacht
  • Gewalt garantiert Fremdwahrnehmung, wodurch Selbstwertsamkeit erfahren wird
  • Gewalt ermöglicht in Gruppen das Erleben von Solidarität
  • Gewalt verschafft körperlich, sinnliche Erfahrungen u. überwindet die Unterlegenheit
→ Fazit: Gewalt erscheint als hochgradig attraktiv


6.    Vier Varianten von Gewalt:


  1. Expressive Gewalt: Jugendliche gewinnen durch Tabubrüche Aufmerksamkeit u. können ihre „Einzigartigkeit“ unterstreichen
  2. Instrumentelle Gewalt: Mittel zur (angestrebten) Problemlösung
  3. Regressive Gewalt: An nationale u. ethnische Kategorien ausgerichtet und um eigene berufliche, soziale, politische Desintegrationsprozesse aufzuheben
  4. Autoaggressive Gewalt: Wenn andere Auswege sich nicht eröffnen

Fazit:
- Gewalt wird in bestimmten sozialen Milieus auf Basis bestimmter Lebenserfahrungen attraktiv
-vermittelt Gefühl der eigenen Wertigkeit
-verschafft in bestimmten sozialen Kontexten Anerkennung

von Caroline Almoneit

Samstag, 20. Juli 2013

Hurrelmann - 10 Maximen

In zehn Thesen (Hurrelmann nennt diese „Maximen“) werden Einzelmaßnahmen zum Jugendalter in
einen größeren theoretischen Rahmen gestellt, der verschiedenste Einzeltheorien integrieren soll.
 
Erste Maxime
Laut Hurrelmann findet in der ersten Maxime ein Wechselspiel von Anlage und Umwelt statt, ebenso werden Grundstrukturen für Geschlechtsmerkmale gebildet. Die eigene genetische Ausstattung legt ebenfalls die Möglichkeitsräume fest für Entwicklung und Verhalten, dieses wird wiederum durch die Umwelt geformt.
 
Zweite Maxime
In der zweiten Maxime findet die dynamische und produktive Verarbeitung von inneren und äußeren Einflüssen statt. Hierzu ist eine ständige Arbeit an sich selbst notwendig, um eine Strukturierung und Gestaltung der Persönlichkeit zu ermöglichen.
 
Dritte Maxime
In der dritten Maxime werden Jugendliche als schöpferische Konstrukteure ihrer selbst beschrieben,
mit der Kompetenz zur eigen gesteuerten Lebensführung.
 
Vierte Maxime
Nach Hurrelmann entwickelt sich in der vierten Maxime die Ich- Identität aus der Synthese von Individuation und Integration. In der Individuation findet der Aufbau einer individuellen Persönlichkeitsstruktur statt, diese sorgt für eine personale Identität, was den Versuch einer Person widerspiegelt, unverwechselbar, einmalig und einzigartig zu sein.Die Integration zeigt den Prozess der Vergesellschaftung, also die Anpassung an gesellschaftliche Normen/ Werte. Dies führt zu einer (eher) sozialen Identität, die bei Personen durch den Versuch, norminierten Erwartungen anderer zu entsprechen, nicht aufzufallen und ununterscheidbar zu sein, sichtbar wird.
 
Fünfte Maxime
Die fünfte Maxime beschreibt den Entwicklungsdruck der auf Jugendlichen lastet. Denn diese müssen Anforderungen der Umwelt bzw. des sozialen Umfelds angemessen bewältigen. Hierdurch entsteht der genannte Entwicklungsdruck und durch eventuell nicht bewältigte Entwicklungsaufgaben entstehen eine Überforderung und ein Lösungsstau. Möglicherweise treten auch gesundheitliche Entwicklungsstörungen auf.
 
Sechste Maxime
In der sechsten Maxime sagt Hurrelmann, um die Entwicklungsaufgaben zu bewältigen und das Spannungsverhältnis von Individuations- und Integrationsanforderungen abzuarbeiten, sind neben individuellen Bewältigungsfähigkeiten („personale Ressourcen“) auch soziale Unterstützung durch die wichtigsten Bezugsgruppen („soziale Ressourcen“) notwenig. Wie die Jugendlichen mit den Anforderungen zurechtkommen, hängt individuell vom Ausmaß der Hilfestellung der sozialen Umwelt ab. Daher sollten in Familien, Freundeskreisen etc. möglichst flexible „Mindeststandards“ und festlegende Haltepunkte für die Gestaltung der sozialen Beziehungen vereinbart werden.
 
Siebte Maxime
In der siebten Maxime werden die Ausbildungsstätte etc. also „Sozialisationsinstanzen“ als wichtigste Vermittler und Unterstützer im Entwicklungsprozess der Jugendlichen angesehen. Denn günstig für die Sozialisation, sind die sich gegenseitig anregenden Impulse solcher Instanzen. Jedoch, muss darauf geachtet werden, dass Handlungsspielräume nicht zu eng sind, dass eine restriktive Anpassung an soziale Verhaltenserwartungen und mechanische Anpassung in traditionelle Sozialstruktur der Gesellschaft erlangt wird. Gleichzeitig sollten die Handlungsspielräume aber auch nicht zu weit und in sich widersprüchlich sein, denn dann kann es dazu kommen, dass die Jugendlichen keine Orientierungs- und Verhaltenssicherheit finden und somit könnte der Individuations- und Integrationsprozess gestört werden. In der heutigen Zeit kommt noch dazu, dass der Einfluss von Gleichaltrigen immer größere Bedeutung annimmt.
 
Achte Maxime
In der achten Maxime wird von Hurrelmann gesagt, dass die Lebensphase Jugend heute eine
eigenständige Phase im Lebenslauf ist. Das Jugendalter früher (vor 100 Jahren) ist durch schulische und berufliche Bildung geprägt, ebenso durch eine geringe Dauer an Jahren. Das Ziel war es, den Erwachsenenstaus zu übernehmen. In der Jugendphase heute ist der Übergangscharakter verloren gegangen, durch zu wenig Erwerbsrollen im Berufssystem. Auch wird beschrieben, dass die Jugendphase eine eigenständige Phase ist, die sich über eine Dauer von 15 Jahren erstreckt. Das Jugendalter ist heute eine eigene Phase, die es früher nicht war.
 
Neunte Maxime
Hurrelmann beschreibt in der neunten Maxime, dass die hoch entwickelten Gesellschaften nicht nur durch schnellen sozialen Wandel, sondern auch durch ein großes Ausmaß an sozialer und ethnischer
Vielfalt und durch immer stärker werdende ökonomische Ungleichheit gekennzeichnet sind. Dadurch
entsteht eine Spaltung der Jugend, in Familien mit Migrationshintergrund, ärmere Elternhäuser und  
wohlhabende Familien. 1/3 der Jugend lebt in Familien mit Migrationshintergrund. Diese haben es schwer, Entwicklungsaufgaben zu bewältigen und ihre Identität auszubilden. 1/5 eines Altersjahrgangs kommt aus einem ärmeren Elternhaus. Diese haben Probleme damit, Anforderungen der Integration und Individuation zu bewältigen. In den wohlhabenden Familien hingegen, läuft die Entwicklung regulär ab.
 
Zehnte Maxime
In der zehnten Maxime sagt Hurrelmann, dass das Geschlecht die Entwicklungsaufgaben prägt. Denn es heißt, dass die Mädchen mehr Anerkennung von Peers bekommen und mehr Ausgangschancen haben. Ebenso haben diese bessere Qualifizierungen, bessere Bewältigungschancen der Entwicklungsaufgaben, bessere Abschlüsse und ein besseres Verhältnis zu den Eltern. Auch wird gesagt, dass sie toleranter, engagierter, selbstständiger und wertorientierter sind, im Gegensatz zu Jungen. Daher kann man hier zusammenfassend über die Mädchen sagen, dass sie sehr zukunftsorientiert handeln (Beruf, Haushalt, Kinder). Die Jungs hingegen sind dagegen mehr berufsorientiert. Hurrelmann sagt, dass sie ein weniger flexibles Verhaltensmuster aufweisen, eine Engführung in der Lebensperspektive haben und eine geringere Bewältigungskapazität haben als Mädchen, und sich somit in einem „sozialen Gefängnis“ befinden. Geschlechtsspezifische Ungleichheiten verschieben sich zu Gunsten der Frauen.

von Corinna Tepe

Montag, 15. Juli 2013

Neuere Gewalttheorien - Sutterlüty, Eisenberg und Nolting

Ferdinand Sutterlüty: Aggression als Kompensation von Ohnmachtsgefühlen
  • Gewalt verschafft innere Befriedigung
  • Gewalt wird als Offenbarung empfunden, die das Leben positiv verändert
  • tritt vor allem bei Jugendlichen auf, die im familiären Gewaltzusammenhang Ohnmachtsgefühle erleben
  • Gewalt als Mittel, um Dinge zu bewegen
  • sie sehen keine Perspektive für die Zukunft

Gegenmaßnahmen
  • Akteure der eigenen Wirklichkeit
  • nicht als Opfer dastehen
  • Erfolgserlebnisse
  • Jugendliche müssen das Gefühl haben, dass sich ihre schulischen Leistungen positiv auf ihre Zukunft auswirken
    → Aggression ist ein Weg der Kompensation von Ohnmachtsgefühlen und des Erlebenkönnens von Macht und Stärke.

Götz Eisenberg: Aggression als Folge sozialer und emotionaler Kälte
  • emotionale Kälte ist ein Auslöser für Aggressionen
  • dies erleben die Jugendlichen durch elterliches Desinteresse und wenig Zuwendung
  • Vaterlosigkeit: kein Vorbild, keine Anforderungen, denen sie sich unterwerfen können
  • Mütter: binden Kinder zu sehr an sich, oder vernachlässigen sie
  • Kinder entwickeln kaum Urvertrauen
  • sie entwickeln eine narzisstische Haltung
  • sie suchen nach dem Erleben von Grandiosität durch beispielsweise Drogen und Amokläufe
  • Suche nach konturierten Persönlichkeiten die ihnen aus ihrer eigenen Unsicherheit heraushelfen
    → Aggression ist die Folge von Erfahrungen sozialer und emotionaler Kälte, sowie mangelndem Erleben von konturierten Persönlichkeiten.

Hans-Peter Nolting: Maßnahmen zur Gewaltprävention und Gewaltminderung
  • pädagogische und kriminologische Maßnahmen vermindern nur die Jugendgewalt, können aber die Problematik nicht lösen
Ventiltheorie:
  • durch frühes, regelmäßiges Abreagieren von aggressiven Impulsen, beispielsweise durch Boxtraining kann einem Stau von Aggressionen vorgebeugt werden 
  • der Jugendliche kann eine „Katharsis-Effekt“ (sich Freimachen von Aggressivität) erleben
  • keine Möglichkeit zur Bewältigung ungelöster Probleme oder Ärger
Anreger verändern:
  • aggressionsfördernde Faktoren umgehen
  • Verminderung von Stress, Einengung, Provokationen und aggressiven Modellen
  • Förderung von positiven Anregern und Anreizen zu alternativen Verhalten
  • wünschenswertes Verhalten sollte gefördert und mit Anerkennung belohnt werden
  • Jugendliche müssen lernen ihren Bedürfnissen Ausdruck zu verleihen
  • besonders in Krisen sollten sie von Bezugspersonen Zuwendung, anstatt  das Gefühl der vollständigen Unfähigkeit erhalten
Anreger anders bewerten:
  • langfristig sollen die aggressiven Ursachen abgeschwächt werden
  • in Gruppen sollen die Jugendlichen lernen, dass nur sozial orientiertes Verhalten Beachtung findet
  • sie lernen Konflikte verbal zu lösen und auf Aggressivität zu reagieren
  • Einfühlen in andere Menschen
  • Vorsicht bei Schuldzuweisung
  • entschärfende Bewertung
Aggressionshemmungen fördern:
  • Leid- induzierte Hemmung: während der Kindheit wurden sie mit Schmerzen anderer konfrontiert→ Empfinden von Mitleid
  • Angst vor Bestrafungen bzw. negativen Folgen:
    Konsequenz der Strafverfolgung hindert viele eine kriminelle Tat auszuführen
    Jugendliche müssen verstehen, dass es für sie nur Nachteile haben wird
  • moralische Hemmung bzw. Werthaltung: Dabei dürfen Bezugspersonen nicht bloß aussprechen, was nicht erlaubt ist, sondern dieses auch selber nicht ausüben.
Alternatives Verhalten lernen:
  • Entdramatisierung durch Entspannung und Selbstbeeinflussung: in Konfliktsituationen gelassen reagieren, auch bei Enttäuschungen
  • Einfühlungstraining: Wahrnehmung eigener Gefühle, einnehmen anderer Perspektiven→ erlernen von kooperativem und helfendem Verhalten
  • Immunisierung: In Rollenspielen sind sie direkten Provokationen ausgesetzt, bei denen sie gelassen reagieren sollen.
  • klassische Verhaltensmodifikation: Dient der Bekräftigung von erwünschten Verhalten.
  • kognitive Verhaltensmodifikation: Einsicht des Jugendlichen wird gefördert. Selbstbeobachtung und Selbsteinschätzung zusammen mit den Eltern.
  • partnerzentrierte Gesprächsführung: Konflikte verbal und gewaltfrei lösen
Streitschlichtung:
  • Programm durch regeln bestimmt: beide Seiten zu Wort kommen lassen
  • nicht nur über den Gegenstand der Tat, sondern auch über Gefühle, Interessen sprechen
  • Streitschlichtung kann auch misslingen, da die Sitzung freiwillig ist
    dem Täter wird verdeutlicht, dass es seine einzige Chance ist
    das Opfer steht somit unter Druck teilzunehmen 
Täter- Opfer- Ausgleich:
  • Anwendung in Jugendstrafverfahren und Jugendstrafvollzug
  • Täter setzt sich mit der Tat auseinander, indem er einen Brief an das Opfer verfasst
  • Realisieren der Folgen für das Opfer
  • Brief wird dem Opfer nicht übergeben
  • beim Täter soll es zu Einsicht und einer Verhaltensänderung kommen
Der heiße Stuhl:
  • ein Jugendlicher setzt sich auf einen Stuhl in die Mitte des Raumes
  • andere aus der Gruppe stehen um ihn herum und provozieren ihn durch anfassen, ansprechen
  • derjenige auf dem Stuhl soll Selbstkontrolle erlernen
Schul- und Berufsqualifizierungen:
  • sollen dem Jugendlichen Zukunftsperspektiven
    durch Bildungs- und Ausbildungsangebote

von Miriam Märsch

Prof. Dr. Gerd E. Schäfer - Das Spiel

„ Eine Pädagogik, die den jungen Kindern die Zeit nimmt, eigene Erfahrungen zu machen, unterläuft den Bildungsauftrag der Kita.“

In den ersten drei Lebensmonaten gibt es kein Spiel. Jedoch erkennt man am Verhalten des Kindes einen Vorläufer:

Das Nachahmen
  • Kinder sind vom ersten Lebenstag an fähig, Eltern zu imitieren

Grundelemente des Spiels werden sichtbar:

1. Nachahmung
Möglichkeiten: drei mimische Gebärden des Gesichts
  • Herausstreckender Zunge
  • Öffnen des Mundes
  • Schürzen der Lippen

2. Organisation eines Zusammenhangs:
  • Kinder unterscheiden nicht auf welche Weise sie Wirklichkeit wahrnehmen
  • Nutzen alle Wahrnehmungsweisen (hören, riechen, etc.)
  • Können alles schon in Beziehung setzten
    Objekte + Personen werden ausgegrenzt Sie sind Teil einer erlebten Szene
Spiel: vorgestellte Wirklichkeit wird in Szene gesetzt

So sind die Grundelemente des Spiels schon in der Nachahmung gegeben.
1.    Einfache Form des Nachahmens
2.    Szenisch handelnde Strukturierung

Eltern-Kind Dialog
  • Enthält Elemente spielerischen Verhaltens: Funktionslust, Variation, Wiederholung
  • Bezeichnet als „Mitziehen“
Bsp.: lächelt Mutter lächelt Baby lächelt Mutter mehr lächelt Baby erneut

Die Eltern und der Säugling sich selbst beginnen die Grenzen des Babys zu testen und zu erweitern. Die Aufnahme von Informationen und die Reaktion darauf sowie das Zurückziehen und Gleichgewicht gewinnen sind elementare Bestandteile dieses Vorgangs, welcher sich im dritten bis vierten Lebensmonat abspielt.

Rolle des Vaters beim „Mitziehen“:
  • Neigt zu lebhaftem, animierendem Spiel knuffen, berühren
  • Höhere Erregbarkeit und längere Erholungsphasen als Kennzeichen
„Szenisches Erleben, Mitziehen und Testen der eigenen Grenzen, die Suche nach den Grenzen von Selbst und Anderen, das scheinen die wichtigsten Momente zu sein, die in dieser Zeit dem kindlichen Spielen zu Grunde liegen“


Danach:
  • Kind beobachtet soziales Umfeld und imitiert

Imitation
  • versetzt sich in andere hinein
  • macht Verhaltensmuster und Gefühle in sich selbst lebendig
    Fähigkeit zur empathischen ( einfühlenden) Einfühlung
  • Kind ist eine Zeit lang ein anderer als es selbst
    Gewinnt Distanz zu sich selbst und vermag sich selbst von außen und innen wahrzunehmen

Erweiterung des „Mitziehens“
  • Kinder ergreifen Initiative bei Veränderung und wissen sich dem Geschehen zu entziehen
Das Spiel hat eine große Bedeutung für die Abstimmung von Gefühlen zwischen dem Kind und seinen Eltern. Somit wird auch das „Mitziehen“ zum Spiel.

  • Eltern spiegeln zurück wie sie das Kind erleben
    Greifen Geste des Kindes heraus heben ein Ereignis heraus
    Wdh., Variation, etc. spiegelt Gefühle zurück, die das Kind in ihnen erzeugt
  • Oft betont durch Übertreibung
  • Abstimmung wie sie miteinander Fühlen durch das Spiel

Imitation - Stufe 2

  • Handlungsmöglichkeiten weiten sich in folgenden Monaten aus
  • Zeitlicher Abstand zwischen der Wahrnehmung eines Verhaltens und seiner (spielerischen) Imitation entsteht
  • Fähigkeiten müssen vorhanden sein:
    1. Beziehung zur Person die es nachahmt 
    2. Verhaltensweise in sich wiedergeben 
    3. Speicherung der Wiedergabe
    4. Handlungsmuster selbst ausführen

  • Dient der Fantasie, der Vorstellungskraft und ist Ausgangspunkt des Spiels
  •  3 Komponenten bilden wesentlichen Teil der Wirklichkeitserfahrung

Nun kann das Kind „bisher gesammelte Erfahrungsmuster, [die es] in sich gespeichert hat in neuer und individueller Weise zusammensetzen und ausprobieren […]“. Dies ist die Entstehung des „Als-ob Spiels“.
  • „Als-ob Spiele“ ab dem zweiten Lebensjahr
  • Es wird mit Erfahrungsmustern der Vergangenheit gespielt
  • Neue Möglichkeiten werden entworfen und erprobt/simuliert neue Erfahrungsmuster
  • Mit wachsender Komplexität immer mehr Grundthemen des Lebens ins Spiel
  • Zeigt erlebte Wirklichkeit mit allen Beziehungen
    Nachdenken über Beziehungen

„Das Spiel bildet einen Zwischenbereich zwischen Handeln und Denken.“

  • Szenische Repräsentation und Variationsmöglichkeit der Erfahrungen
  • Bildung und Regulierung der Gefühle
  • Spiegelung der Gefühle (gegenüber Mitspielern

Frage an Gerd E. Schäfer: Welcher Figur aus der Kinderliteratur fühlen Sie sich besonders verbunden?

„Der Maus Frederick von Leo Lionni, die für mich ein schönes Beispiel für die kindliche Bildungstätigkeit ist: Erfahrungen sammeln, speichern und hervorholen, wenn man sie brauchen kann.“
von Patrick Menkhaus

Freitag, 12. Juli 2013

Piaget - Kognitive Entwicklung

Grundlagen des Modells von Piaget:
-         Lernen und Entwicklung wird durch Störungen im inneren Gleichgewicht  angestoßen
 
um das Gleichgewicht wieder herzustellen erfolgt Aktion
-         Äquilibration Assimilation und Akkomodation
-         Wechselspiel von Akkomodation und Assimilation findet unvermeidbar statt und ggf. auch ohne  pädagogische Einwirkung
-         da dieser Prozess vom Kind selbst ausgeht spricht Piaget von einem epigenetischen Prinzip (es wächst und gedeiht aus sich selbst)
-         Kinder bilden von Geburt an Strukturen und Schemata
-         In den ersten Lebensjahren machen Kinder die größten Entwicklungsfortschritte
-         da jeder Mensch nach Weiterentwicklung strebe, nennt Piaget den Menschen epistemisches Subjekt (= Erkenntnis suchend und erkennend)

Die Stufen der kognitiven Entwicklung
Entwicklung lässt sich in vier Stadien zusammenfasssen:
  1. sensomotorisches Stadium
  2. präoperationales Stadium
  3. konkret-operationales Stadium
  4. Stadium der formalen Operation

-         nach jedem Stadium findet eine strukturelle Änderung des Denkens statt sowie die Überwindung von kindlichem Egozentrismus (nicht Egoismus!)
-         neugeborene Kinder kennen zunächst nur sich und können nicht zwischen sich und der Außenwelt unterscheiden
→  lernt mit der Zeit zu differenzieren und auf dieser Basis baut abstraktes Denken auf

1. Sensomotorisches Stadium (0.-2. Lebensjahr)
- erstes Lebensstadium ist entscheidend und prägend für die kognitive Entwicklung des Kindes
- Piaget bezeichnet das erste Stadium als sensomotorisches, da das Denken primär über Sinneserfahrungen stattfindet
-Bewegungen und Handlungen sind zunächst Reflexe, die allerdings bald vom Kind selbst kontrolliert gesteuert werden
-Egozentrismus des Kindes ist zunächst physikalisch
erlebt Umwelt als Teil von sich selbst

Piaget unterteilt das erste Stadium in sechs Phasen um die massiven Entwicklungsfortschritte besser differenzieren zu können:

1. Phase (0.-1. Monat): Bestätigung und Übung der Reflexe:
Das Kind kann sensomotorische Schemata weiter verfeinern und Ansatzweise in Beziehung zueinander setzen.

2. Phase (1.-4. Monat): erstes erworbenes Anpassungsverhalten und primäre Zirkulärreaktion
Das Kleinkind kann gezielt Sehen und Handeln koordinieren. Es begreift, dass bestimmtes Handeln bestimmte Wirkungen nach sich zieht. Piaget redet von Zirkulärreaktion, da der Säugling zufallsgesteuertes angenehmes Verhalten von sich aus wiederholt. Diese Zirkulärreaktion ist primär, da der eigene Körper im Mittelpunkt steht.

3. Phase (4.-8. Monat): sekundäre Zirkulärreaktionen und Vorgehensweisen
Das Kind handelt absichtsvoll und kann Handlungen gezielt wiederholen. Diese Zirkulärreaktion sekundär, weil jetzt eine Handlung zum Erreichen eines Ziels eingesetzt wird. So kann das Kind aktiv interessante Erscheinungen andauern lassen.

4. Phase (8.-12. Monat): Koordination der sekundären Verhaltensschemata und ihre Anwendung auf neue Situationen
Das Kind kann jetzt nicht nur absichtsvoll, sondern gezielt handeln. Es kann Gegenstände, die verdeckt sind, hervorholen. Ebenso kann es schon ansatzweise nach Gegenständen suchen.

5. Phase (12.-18. Monat): Entdeckung neuer Mittel und durch Ausprobieren und die tertiäre Zirkulärreation
Das Kind kann in dieser Phase nicht nur handelnd experimentieren, es kann auch gedanklich experimentieren. Da vor dem Handeln ein Interesse besteht und bekannte Mittel jetzt auf neue  Kontexte bezogen werden, spricht Piaget jetzt von einer "tertiären Zirkulärreaktion".

6. Phase (18.-24. Monat): Erfinden neuer Mittel durch geistige Kombination
Das Kind kann jetzt die Folgen des Tuns abwägen, bevor es handelt. Vor allem beginnt das Kind "symbolisch zu repräsentieren": Es lernt Sprache und sprechen. Damit beginnt es, sich von unmittelbaren Sinneseindrücken und unmittelbaren Erfahrungen freizumachen.

2. Präoperationales Stadium (2.-7. Lebensjahr)
-        Kinder haben physikalischen Egozentrismus überwunden
-        können über Dinge nachdenken auch wenn sie sie nicht vor Augen haben
        → mittels Sprache symbolisch repräsentieren
-        das Kind lernt in diesem Stadium logisch zu denken, ist allerdings an unmittelbare Wahrnemungen gebunden
-        starker Egozentrismus äußert sich z.B. In unproportionierten Kinderbildern
-        auserdem sind Merkmale dieses Stadiums Animismus und magisches Denken
        → Stühle werden zu Autos, Kinder selbst spielen z.B. Tiger oder sie glauben im Keller seien Gespenster, dabei unterscheiden sie nicht zwischen Realität und Phantasie
-        ein anderes Merkmal ist der Finalismus
der Mond geht z.B. auf, damit Menschen nachts etwas sehen
-        ein weiteres Merkmal ist, dass Kinder in diesem Stadium keine Invarianz der Menge begreifen

3. Konkret – operationales Stadium (7.-12. Lebensjahr)
-         Einsicht der Mengenverhältnisse wird klar mit der Fähigkeit des reversiblen Denkens
-         Gedanken können zurück verfolgt werden
-         Massenveränderungen können jetzt beurteilt werden
-         Egozentrismus des Kindes tritt in den Hintergrund
-         Sehen, wie sie von anderen (der Umwelt) beurteilt werden und hinterfragen Absichten von Handlungen

4. Stadium der formalen Operationen (11.-13. Lebensjahr)
-         Kinder sind in der Lage ohne konkrete Bezüge Gedankengänge zu entwickeln und induktives als auch deduktives Denken zu lernen
-         Sowohl  werden aus Erfahrungen Folgerungen gezogen, als auch Aussagen an ihren Erfahrungen überprüft
-         abstrakte Denkmodelle werden nachvollzogen
Spiel und Nachahmung

-         im Spiel kann ein Kind Erfahrungen und Gelerntes wieder aufgreifen und so zunehmend internalisieren und besser verstehen (im Spiel findet Assimilation statt)
-         durch Nachahmung lernen sie Neues (fördert Prozesse der Akkomodation)
-         jüngere Kinder ahmen ihre Eltern nach
-         Jugendliche spielen Rollen (Idole.. usw.)
-         jüngere Kinder spielen frei und bedürfnisorientiert

Kognitive Entwicklung und Erziehung

-         Piagets Modell berücksichtigt zu wenig die sozialen und kulturellen Lebensbedingungen
-         seine Befragungen sind nicht kindgerecht
-         Kinder sind nicht in der Lage sich korrekt auszudrücken
-         sie lernen selbstständig kognitiv zu denken und müssen nur pädagogisch unterstützt werden und zu Entwicklungsleistungen aufgefordert werden
-         Lernen geschieht schrittweise und man darf sie nicht über- oder unterfordern
-         jedes Kind hat einen individuellen Entwicklungsstand, welcher fachgerecht beobachtet werden muss
-         Entwicklung benötigt genügend Zeit, welches nicht beschleunigt werden sollte (z.B. magisches Denken ist positiv)
-         man sollte berücksichtigen, dass Kinder in der präoperationalen Phase egozentrisch denken
-         bis zu einem gewissen Alter können sie abstrakte Erläuterungen nicht nachvollziehen

Jean Piaget (1896-1980) betont die Bedeutung des Spiels für die Intelligenzentwicklung des Kindes. Analog zu deren drei Phasen unterscheidet er drei Formen des Spiels:
In den Übungsspielen werden Verhaltensschemata eingeübt, in den Symbolspielen werden Gegenstände symbolhaft verwendet und von der Fantasie geprägte Aktivitäten durchgeführt, und in den Regelspielen unterwirft sich das Kind Regeln als Teil der sozialen Außenwelt. Im Kleinkindalter ist das Spiel eindeutig dem „Unterricht“ überlegen: „Alles was wir die Kinder lehren, können sie nicht selbst entdecken und damit wirklich lernen.“
von Jonas Düts, Tim Preuß und Malte-Lennart Gustenberg

Montessori - Kritische Würdigung



Positive Aspekte

  • Selbstständigkeit durch Selbsttätigkeit
  • Erhalt der Lernfreude
  • Polarisation der Aufmerksamkeit führt zur Vollendung der Aufgabe
  • Durch die vorbereitete Umgebung entsteht Ordnung und viel Anregung
  • Grenz-Erfahrungen der Wirklichkeit werden erlebt und soziale Interaktion wird gefördert
  • Lernen ohne großen Druck
  • Abstraktes wird über konkretes Handeln zugänglich gemacht
  • Eigene Interessen werden durch die freie Wahl vertreten, Begabung gefördert
  • Erzieher als Waiter  helfen dem Kind es selbst zu tun
  • Übungen des praktischen Lebens
  • Kind wird auf seine individuelle Leistung fokussiert und vergleicht sich nicht mit anderen
  • Unterstützung des Kindes in Richtung Unabhängigkeit


Kritische Fragen


  • Verhindert kindlich typisches Verhalten die „Normalisierung“ des Kindes?
  • Kann man wirklich von einer „freien Wahl“ sprechen?
  • Sind die Kinder belastungsfähig, wenn sie nie mit Druck arbeiten?
  • Sind die Kinder fähig in einer Gruppe zu arbeiten?
  • Kann das Kind mit Niederlagen klar kommen?
  • Können Kinder auch kreativ werden?
  • Wie wird mit Kindern mit Konzentrationsschwierigkeiten umgegangen?
  • Nehmen die Eltern noch an der Erziehung teil?
  • Wie ist das Verhalten der Kinder, wenn sie nicht in einer vorbereiteten Umgebung sind?
  • Können wirklich alle Kinder den Anforderungen standhalten?
  • Kann das Kind in der Zukunft abstrakt arbeiten?


Erfahrungen einer Schülerin in einem Montessori Kindergarten


  • Totale Ruhe
  • Kontaktverbot zu den Kindern
  • Keine Gespräche zwischen Erzieher und Kind
  • Wenige lachende Kinder
  • Protokolle der Kinder (genauste Entwicklungsverläufe)
  • „Nach meinem Besuch im Montessori-Kindergarten war ich Anti-Montessori!“ (Janine Weßling)

    von Christin Debbert, Janine Weßling und Vanessa Bonfert


Pädagogische Würdigung George H Mead



-         Wissenschaftliche Arbeiten von heute hatte Mead nicht zur Verfügung

-         Hat „generelle“ Theorie des Handelns entworfen

-         Identitätsbildung als aktive „Leistung“ (Kind = nicht passiv)

-         Durch Rollen Horizont erweitert

-         Große Bedeutung erzieherischer Instanzen

-         Pädagogisch Relevant: play und game à auch Sanktionen (Konsequenzen erfahren)

-         Kind muss Prozess der Identitätsbildung selber bewältigen à Kind soll begleitet/ unterstützt, nicht „geformt“ werden

-         Kein adäquater (passender) Gesellschaftsbegriff

- Mead schließt Gesellschaftskritik in Theorie aus (Gesellschaft ist wichtig)

-         Mead hat sich nie gefragt, ob verallgemeinerte Andere Kinder so durch Sanktionen fördern, dass sie sich kritiklos unterwerfen

-         Unterschiedliche gesellschaftliche Erwartungen wegen sozialer Ungleichheit nicht beachtet

-         Probleme der Erziehungsstiele nicht gegeben



→  Orientierungshilfe, um Sozialisation zu verstehen     

von Sabrina Loose, Valentina Beeck, Kathrin Kuhlmann und Leonie Sellmeier

Geroge H Mead - Was ist eine soziale Rolle?



Rollen vereinfachen und regeln menschliches Zusammenleben und machen es berechenbar (man weiß, was man machen kann/muss/soll). Sie funktionieren wie ein Schutz („nichts“ trifft einen unerwartet). Rollen werden durch Vorschriften, Normen und Erwartungen geprägt und legen fest, was man wann leisten muss und wie man sich zu verhalten hat. Rollen werden intuitiv, selbstverständlich ausgeführt, da Erwartungen an eine Rolle schon vor der Rollenübernahme bestehen.
Das Selbst in/aus/durch die Gesellschaft geboren -„the self is born of society“-  (Enkulturation) und ist dazu gezwungen, eine Rolle anzunehmen. Dies kann als stützend oder fesselnd empfunden werden, vor allem, da eine soziale Rolle nicht abgelegt werden kann.Eine Rolle ist mit der sozialen Position, der Persönlichkeit, den Bezugsgruppen etc. verbunden. Durch die vielen Einflüsse sind Rollen individuell und es gibt verschiedene Formen, wie die Berufsrolle oder die Altersrolle, die Schwierigkeiten mit sich führen (z.B. Leistung, Selbstständigkeit, den Alterungsprozess akzeptieren).Jedes Individuum besitzt eine Vielzahl an Rollen, die jeweils Variationsmöglichkeiten beinhalten (z.B. Arzt passt sich Patienten an, hat eigene Kinder/Eltern/Frau/Freunde, die jeweils andere Erwartungen an ihn stellen).Die Rolle wird durch die Gesellschaft definiert, deren Ziel es ist, dass jeder seine Rolle einhält. Dies geschieht durch Sanktionen, die greifen, wenn es zu einer Abweichung der Rolle kommt („deviants“). Des Weiteren entstehen Rollen durch Erziehung, Nachahmung, Eigeninitiative usw.Während der Sozialisation werden Gesellschaftsmitglieder in ihre Rollen eingeführt, die Rollen werden „gelernt“.
Das Wichtigste bei der Rollenübernahme ist, dass verschiedene Gruppen/ andere Gesellschaftsmitglieder meine Rolle, also auch die Einhaltung, erwarten (z.B. Als Erzieherin wird von mir erwartet, dass ich mit Kindern umgehen kann).Auch bei sich selbst lässt sich feststellen, dass man von anderen erwartet, dass sie ihre Rolle ausführen. 
von Sabrina Loose, Valentina Beeck, Kathrin Kuhlmann und Leonie Sellmeier

George H. Mead



- I impulsives Ich; reagiert spontan (auf Zumutungen);Vorraussetzung für Erfahrungen;

          kreativ; sobald es reflektiert, wird es zum Me, (self as knower)



- Me reflektiertes Ich; kontrolliert; voraussagend; an anderen orientiert; eigene

             Überlegungen wie andere mich sehen / was sie von mir erwarten, (self as known)



- Mind Geist des Menschen, hilft zwischen Impulsen des I und Me zu vermitteln, um das

                 self aufzubauen; übernimmt Interaktionsprozesse bei sprachlich fundierter

                 Rollenübernahme



- Self eigene Ich-Identität; erschließt sich aus Interaktion mit anderen (Verhalten anderer

               Wird rekonstruiert) und Internalisierung von Erwartungen (Gesellschaft, Eltern

               Freunde, Kirche, geben Werte und Normen weiter);

               Rollenidentität= Einzelner übernimmt Rolle aktiv

               Identitätsproblem= andere haben eine andere Vorstellung von mir als ich selbst



- Selbstbild- Fremdbild Balance zwischen ihnen = Basis der Identität; stehen in ständiger

                                                                                      Interaktion



- Symbolischer Interaktionismus Mensch erschließt sich seine Einstellung zur Welt über

                                                          Gesten und Symbole, also bildet sich die Identität durch

                                                          Interaktion/Verständigung mit Mitmenschen und das

                                                          Erleben von Erfahrungen, auf Sprachfähigkeit baut Hand-

                                                          lungsfähigkeit auf, so dass das self entstehen kann



- Interpersonal (im Dialog) und Intrapersonal (im Bewusstsein) dienen er Rekonstruierungn

  vom Verhalten anderer & der Antizipation (Einschätzen) von Erwartungen



- Symbole sind zur Verständigung notwendig; Bedeutungsvielfalt (z.B. Sprache)



- Play freies Spiel; Rollen im Rollenspiel kennenlernen; Orientierung am signifikanten

               Anderen (konkrete Person, z.B. Mutter/Großeltern) um Leben in der Gemeinschaft

               kennenzulernen
               - wird mit Alter geregelt 

       

- Game vorgegebene Regeln; Handlungen (signifikanter) Anderer werden eingeschätzt;

                  Handlungs- und Orientierungsmöglichkeiten werden erweitert durch

                  verallgemeinerte Andere (z.B. Erzieherin, Lehrerin; Vertreter der 

                  Gesellschaft…)

Play und Game sind Phasen zur self- Entwicklung



- Role-taking Rollenübernahme als Grundlage der Sozialisation ( im „play“ erst

                           Unterschiedliche Rollen übernehmen bis eigene Identität bewusst wird)



Erziehung Begleitung des Kindes bei Entwicklung der Identität und gesellschaftlicher

                       Integration. Kind soll ohne Zwänge und spielerisch in die Gesellschaft

                       wachsen, selbst aktiv werden (Strenge + Distanz der verallgemeinerten
                       Anderen = Vorraussetzung)  
von Valentina Beeck, Sabrina Loose, Kathrin Kuhlmann und Leonie Sellmeier